Review zum „Sandmann“ in den Katakomben

 

Für uns Schüler*innen folgt auf diesen Satz meist unzufriedenes Stöhnen: „Wir schauen uns die Schullektüre im Theater an“. Am 30.01.2024 wurde in den Katakomben in Frankfurt eine moderne Inszenierung des „Sandmann“ von E.T.A. Hoffmann aufgeführt. Die Schüler*innen der Q-Phase unserer Schule waren dazu eingeladen, uns diese gemeinsam anzuschauen. Mit zuvor niedrigen Erwartung betrat ich die Katakomben und unglaublich begeistert trat ich wieder heraus.

 

Ich selbst bin mit niedrigen Erwartungen zu dieser Aufführung gegangen, da Adaptionen von Schullektüren nicht gerade dafür bekannt sind, genial zu sein. Wenn einem die Handlung oder Figuren eines Werkes schon nicht gefallen, so klingt 90 Minuten an mittelmäßigem Schauspiel noch schlimmer. Wieso soll man denn etwas Langweiliges noch ein zweites Mal durchstehen? Obwohl mir der „Sandmann“ eigentlich gefallen hatte, ging ich mit ähnlicher Einstellung in diese Theaterinszenierung. Umso mehr wurde ich somit im Laufe des Stückes mitgerissen, als diese relativ niedrigen Erwartungen maßlos übertroffen wurden. Da der Roman von E.T.A. Hoffmann kaum mehr als 50 Seiten umfasst, war ich beispielsweise skeptisch, wie diese Geschichte 90 Minuten ausschmücken solle.

Jedoch wurden die Szenen äußerst sinnvoll gestreckt beziehungsweise gekürzt, sodass die Handlung sehr natürlich aneinander anschloss. Zusätzlich wurde der Roman auf eine total humoristische Art modernisiert und die Verwendung von Smartphones und anderen Bildschirmen anstelle von Briefen, wie es im Roman ursprünglich der Fall war, wirkte sehr selbstverständlich. Von dem für das Stück komponierten Lied hatte ich auch noch Tage später einen Ohrwurm (und ich hätte mir gewünscht, es online finden zu können, um es noch einmal zu hören), aber auch die anderen verwendeten Lieder passten ausgesprochen zu den Figuren. Außerdem sind die Schauspieler*innen ausgesprochen talentiert. Vor allem die intensiven Emotionen der Figur des Nathanaels waren unglaublich realistisch und glaubwürdig von Gregor Andreska dargestellt. Auch der Darsteller von Rollen wie des Coppelius, Michael Policnik, stach durch ein facettenreiches Talent heraus. Dies fiel dadurch auf, dass er sämtliche andere Figuren des Stücks darstellte, was außerdem eine äußerst interessante Entscheidung für die Besetzung ist und mehrmals zu ausgelassener Stimmung im Publikum führte, etwa als er sich bis auf ein dünnes Kleid hinunter auszog und einen Fernsehbildschirm an seine Brust festband, um die Figur Olimpia darzustellen.

Ich selbst spiele gerne Theater und wurde auch von den Leistungen in dieser Aufführung inspiriert. Nachdem das Stück beendet war, haben ich und zwei meiner Mitschülerinnen unsere Begeisterung auch dem Schauspieler der Figur des Lothar, Sören Messing, mitgeteilt, welcher sich freundlich dafür bedankte. Letztlich war ich mir mit einigen Mitschüler*innen einig, dass die Adaption einer nebensächlichen Szene im Roman als große, Star Wars referenzierende Kampfszene, die beste des Stücks war. Als Gipfel der humoristischen Überdramatisierung in Kombination mit modernen Aspekten wie etwa Lichtschwertern blieb sie mir am meisten im Gedächtnis.

 

Zusammenfassend gefiel mir diese Aufführung unglaublich gut und ich bin mit dieser Meinung nicht alleine. Die Schauspieler*innen sind außerordentlich und ich würde gerne auch weitere Theaterstücke, in denen sie mitspielen, besuchen. Legen Sie Ihre Vorurteile über die Inszenierungen von Schullektüren beiseite und genießen Sie das Theater, es lohnt sich!