UN-Planspiel in Prag

19. März, ein Donnerstag Morgen, 6.40 Uhr. Eine Gruppe von 12 Schülern, die meisten von ihnen noch nicht ganz wach, findet sich am Gleis 7 des Frankfurter Hauptbahnhofes ein. In ihren Koffern? Businessklamotten, Laptops, und Ausdrucke zu Themen wie Internetzensur in Indien, demografischer Wandel in Japan, die Rolle von Frauen in Kriegsgebieten. Ihr Ziel? Prag, Hauptstadt der Tschechischen Republik.

Begleitet von Frau Kraft-Kollmus werden sie dort bei einem UN-Planspiel die Länder Russland, Indien und Japan in verschiedenen Komitees repräsentieren. In diesen Komitees werden Themen wie die Behandlung von Gefängnisinsassen, die Regulation von privaten Militär- und Sicherheitsfirmen, der Atomwaffensperrvertrag, landwirtschaftliche Technologien und urbane Stadtplanung behandelt.
Solche Simulationen der Vereinten Nationen finden unter dem Namen Model United Nations (MUN) mittlerweile ca. 400 mal im Jahr überall auf der Welt statt. Entsprechend international war auch die Zusammensetzung der PORGMUN Konferenz, an der die Delegation vom Goethe-Gymnasium teilnahm: Neben anderen Deutschen aus München nahmen auch Schüler aus dem Libanon, aus Kroatien, der Türkei, Griechenland, Slowenien und natürlich auch aus Tschechien teil.
Für das Goethe-Gymnasium war dies bereits die dritte Veranstaltung dieser Art, nach zwei Konferenzen in Malmö, Schweden in den beiden Vorjahren. Viele Goethe-Schüler nehmen auch privat an MUN-Konferenzen teil.
Noch auf der Fahrt nach Prag wird an Resolutionen geschrieben, Zeitungsartikel und Analysen werden durchgelesen, die Position des zu vertretenden Landes wird genauestens studiert. Die acht Schülerinnen und vier Schüler, zu gleichen Teilen aus der E-Phase und der Q2, werden die Politik des Landes, dessen Repräsentanten sie sind, genau vertreten müssen – auch wenn das bedeutet, Internetzensur zu befürworten und jegliche russische Militärinterventionen in der Ukraine abzustreiten.
Nachdem man in Nürnberg in einen DB IC Bus eingestiegen ist – der zur Freude aller mit W-LAN ausgestattet ist, erreicht die Truppe zur Mittagszeit den Prager Hauptbahnhof, wo sie von Schülern der veranstaltenden Schule abgeholt und zur Eröffnungszeremonie gebracht wird. Nachdem sich der Generalsekretär und das restliche Team vorstellt haben, halten drei Gastredner Reden, wobei die ersten zwei sich dabei sehr Russland-kritisch äußern, sehr zur Empörung der Russischen Delegierten. Anschließend geht es ab ins Hotel, wo sich die Schüler kurz ausruhen und umziehen können, bevor das Abendprogramm in einem Prager Pub ruft.
Im Verlauf der nächsten beiden Tage wird eifrig debattiert, es wird für Resolutionen geworben, unterzeichnet, es werden Änderungen vorgenommen, Zusätze hinzugefügt, Allianzen werden geschmiedet, es kommt zu Wortgefechten und verbalen Angriffen – wie eben in den Versammlungen der echten Vereinten Nationen auch. Wer es aber wagt, zu spät zu einer Sitzung zu kommen, muss damit rechnen, Karaoke zu singen, und/oder vor dem gesamten Komitee zu tanzen. So wird mit beispielloser Produktivität gearbeitet, und mehrere Resolutionen werden – nahezu in Windeseile – verabschiedet.
Für ein Rahmenprogramm ist ebenfalls gesorgt, mit einer kleinen Stadtführung durch Prag, „der schönsten Stadt Kontinental-Europas“ Freitag am Abend, und anschließendem Beisammensein in einem Schüler-Café. Samstagabend trifft man sich in einem Prager Nachtclub oder erkundet auf eigene Faust, beziehungsweise mit Frau Kraft-Kollmus, die Stadt.
Am Sonntag werden in den einzelnen Komitees noch letzte Bestrafungen ausgeführt, Spaß-Preise verliehen, Teilnahmezertifikate verteilt, und die besten Delegierten gekürt. Dann trifft man sich innerhalb der Länderdelegationen um die Abschlussreden vorzubereiten. Diese werden von jeweils einem Delegierten stellvertretend für das ganze Land bei der Generalvollversammlung gehalten.
Um noch vor Mitternacht in Frankfurt anzukommen, müssen die Schüler des Goethe-Gymnasiums die Generalversammlung leider schon verfrüht verlassen. Nach eiligen Verabschiedungen von neuen Freunden ist man dann auch schon wieder auf dem Weg nach Hause, um einige Erfahrungen reicher, einem besseren Verständnis für Diplomatie und Internationale Politik und dem Wunsch, dass das bitte nicht die letzte Konferenz dieser Art war.
Juliane Miller, Q2